Auswirkungen des Coronavirus auf pastorale Gemeinschaften Südäthiopiens, Engagement unserer PatenschülerInnen und Spendenaufruf
Vorteile der pastoralen Lebensweise in Zeiten von Corona Pastorale Gesellschaften sind Krisen gewohnt, sie gehören zu ihrem Alltag. Dürre, regionale Konflikte – das pastorale Leben erfordert eine unausweichliche und andauernde Anpassung an äußere Umstände. Verschiedene prägende Eigenschaften pastoraler Gemeinschaften machen dies möglich, insbesondere Mobilität, Kooperation und Tauschbeziehungen. All diese Eigenschaften werden nun durch das neuartige Coronavirus eingeschränkt. Doch eine weitere Eigenschaft macht sich in Zeiten wie diesen bezahlt: Die Eigenständigkeit und Fähigkeit zur Selbstversorgung. Durch die Subsistenzwirtschaft sind gerade diese Gemeinschaften sehr gut gewappnet, für einen zeitweisen Shut-Down und eine bewusste Selbst-Isolation.
Das Ökosystemen basiert auf Subsistenzwirtschaft hauptsächlich durch Viehzucht, Ackerbau, Fischfang und Honigproduktion. Es wird vervollständigt durch regionale Tausch-Beziehungen. Pastoralisten leben hauptsächlich in dünn besiedelten, strukturschwachen Gebieten. Da wo sie auf ihrem Land uneingeschränkt siedeln können, wo keine erzwungene Umsiedlung in oder an Marktdörfer stattgefunden hat, wo ihnen ihr Land nicht weggenommen wurde, begrenzt sich die Mobilität der pastoralen Gesellschaften auf wenig besiedeltes Gebiet.
Gerade diese ruralen Gebiete bieten eine Chance, die Ausbreitung einer Epidemie zu unterbinden oder zumindest abzuschwächen. Vergleiche kann man hierzu auch zur geringeren Ausbreitung des Coronavirus in dünn besiedelten Gebieten Deutschlands ziehen, siehe Fallzahlen in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt oder Thüringen. Ein wichtiger Vorteil.
Lage in Äthiopien – Stand 29. April 2020
Aktuell gibt es in ganz Äthiopien vergleichsweise wenig bestätigte COVID-19 Fälle, die Zahl ist jedoch stetig wachsen. Stand heute zählt man im Land 126 Infizierte, insbesondere in und um die Hauptstadt Addis Abeba durch die Lage des Internationalen Flughafens, aber auch Dire Dawa im Osten des Landes meldet vermehrt Fälle, hauptsächlich durch aus dem stark betroffenen Djibouti zurückkehrende Äthiopier. Es gibt offiziell drei Todesopfer an COVID-19 und 50 als geheilt geltende Menschen. Stand heute wurden 15.668 Tests durchgeführt. Zwei Krankenhäuser stehen ausschließlich für Tests als auch für die Behandlung von COVID-19 bereit. Für über 100 Millionen Einwohner gibt es derzeit 435 Beatmungsgeräte, Amerika verspricht weitere Geräte zu senden. Insgesamt im ganzen Land gibt es 20 sogenannte COVID-19 Diagnostik Laboratorys, neun davon in Addis Abeba, die restlichen in den einzelnen Regionen verteilt.
Die pastoralen Gesellschaften des Süd Omo Gebiets können sich bei Verdachtsfällen an das SNNPR Public Health Laboratorium wenden, bei Symptomen steht eine kostenlose Telefonnummer zur Verfügung die direkt mit den Gesundheitsämtern verbindet.
Äthiopien hat frühzeitig auf den weltweiten Ausbruch der Pandemie reagiert. Zwar wurden die Flüge der Ethiopian Airlines in betroffene Gebiete erst spät gestoppt, doch schon am 16. März wurden landesweit alle Schulen und Universitäten geschlossen. Am 8. April wurde in Äthiopien der Ausnahmezustand ausgerufen, um Schutzmaßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus im ganzen Land verpflichtend zu machen.
Lage im südlichen Omo Gebiet und Rolle der SchülerInnen und StudentInnen
Speziell in der Region in der unser Verein KINKA e.V. aktiv ist, im südlichen Omo Gebiet, gibt es derzeit keine bestätigten Coronavirus Fälle. Restriktive Maßnahmen, wie die Schließung der Schulen und der Märkte, aber auch das Verbot von Zusammenkünften wurden durchgesetzt, insbesondere auch in Bezug auf traditionelle Zeremonien wie Initiationsriten oder jahreszeitlich bedingte Feierlichkeiten, die bis auf weiteres untersagt sind. Auch in den entlegenen Gebieten finden Aufklärungsprogramme statt, für die vor allem auch ältere SchülerInnen und StudentInnen herangezogen werden. Dies soll verhindern, dass ortsfremde Personen zur Informationsverbreitung in die einzelnen Regionen reisen und damit auch die Gefahr besteht, dass mit ihnen der Virus in den Regionen verbreitet wird. Nach den Schließungen der Universitäten und Schulen Mitte März mussten alle SchülerInnen und StudentInnen in ihre Heimat zurückkehren. Ein Zeitpunkt als die offizielle Infektionsrate noch sehr gering und hauptsächlich auf Addis Abeba begrenzt war. Die Gefahr der Verschleppung des Virus war deshalb zu vernachlässigen.
Unsere PatenschülerInnen berichten, dass sie vor der Heimkehr in Präventionsmaßnahmen unterrichtet wurden und diese nun ehrenamtlich in ihren Heimatorten vermitteln. Sie unterweisen ihre Gemeinschaften in Hygienepraktiken insbesondere dem Händewaschen mit Seife, Social Distancing, Selbstisolation bei Symptomen. Sie berichten aber auch, dass in den Gebieten am Omo Fluss COVID-19 nicht die einzige aktuelle Bedrohung ist und von den Menschen in einen größeren Kontext von drohenden Gefahren eingeordnet wird.
Aktuell gibt es immer wieder schwere Ausbrüche von Cholera, die Heuschreckenplage die seit Ende 2019 andauerte und einen großen Teil der Nahrung für Mensch und Tier zerstört hat, sind weitere Themen mit denen die Menschen umgehen müssen. Und diese sind oftmals gegenwärtiger als das nicht greifbare Corona Virus. Deshalb halten wir es für umso wichtiger, dass die von KINKA e.V. und den Pateneltern unterstützten SchülerInnen und StudentInnen unermüdlich Ihrer Aufgabe nachgehen und informieren. Durch den Zugang zu Medien wissen sie um die Gefahr. Sie wissen, was ein Ausbruch der Krankheit in ihren Gemeinschaften bedeuten würde und kämpfen dagegen an. Für sie gibt es keine Möglichkeit des Home Schooling. Im Gegenteil, sie nutzen ihr Wissen und unterrichten Kinder in ihren Heimatorten, auf der Weide im Schatten des Akazienbaums. Wir möchten sie in ihrem Tun unterstützen.
Aufruf zur Spende um folgende Punkte zu gewährleisten:
- Hygienemittel – Bereits in diesem Monat konnten wir eine Spende nach Südäthiopien senden, um minimale Hygienestandards einzuhalten und Seife, Kanister sowie Schüsseln zu kaufen und in den Dörfern an die Familien zu verteilen.
- Finanzielle Unterstützung für medizinisch notwendige Transporte – Das Siedeln in abgelegenen Gebieten bedeutet einerseits eine große Selbstständigkeit in den Überlebensstrategien, durch Landwirtschaft, Produktion von eigenem Saatgut, dem Fischfang, der Jagd und Honigproduktion; sowie im indigenen Wissen in Bezug auf alternative Medizin und der Immunstärkung durch heimische Früchte und Kräuter. Sie bedeutet aber auch eine sehr limitierte medizinische Versorgung bei medizinischen Notfällen. Wir bieten deshalb finanzielle Unterstützung um medizinisch notwendige Transporte in nahe gelegene Behandlungszentren sicherzustellen.
- Finanzielle Sicherheit für Notlagen – Eine wichtige Einnahmequelle vieler Menschen ist durch die notwendige Schließung der international Grenzen weggebrochen – der Tourismus – sonst eine relativ verlässliche finanzielle Zugabe für Familien, um kleine Rücklagen zu bilden. Die eigentliche Rücklage und Bank der Pastoralisten ist jedoch das Vieh. Nur zu ganz besonderen Anlässen wird ein Tier getötet und verzerrt. Es dient hauptsächlich als Wertanlage. Vor dem Hintergrund der drohenden Dürre, dem Wegfall ganzer Ernten durch die Heuschreckenplage, möchten wir da wo notwendig Nahrungsmittel zukaufen. Wir möchten unter allen Umständen verhindern, dass Rinder nun verkauft werden, um die Ernährung der Familie zu sichern und damit aber gleichzeitig die Rücklagen und Versicherungen von Familien zerstört werden.
Dies ist das Hauptziel, welches KINKA e.V. mit der Förderung der Schulbildung pastoraler Gesellschaft verfolgt: Wir stehen in engem Kontakt mit unseren ehrenamtlichen Helfern in Äthiopien. Die SchülerInnen und StudentInnen agieren derzeit als das, was wir uns als Verein gewünscht haben. Sie sind Vermittler zwischen zwei Welten, sie übernehmen Verantwortung für die eigene Herkunftsgesellschaft, in dem sie das angelernte Wissen der Schulbildung praktisch in ihrer Heimat umsetzen. Sie vollziehen eine wichtige Funktion, nämlich globale Strategien der COVID-19 Eindämmung auf ihre Gesellschaft zu übertragen und an die pastorale Realität anzupassen. Wir möchten sie in dieser Aufgabe gerne weiter unterstützen.
Bitte unterstützt uns dabei mit einer Spende an:
Kontoinhaber: KINKA e.V.
IBAN: DE41 8306 5408 0004 0030 80
BIC (SWIFT-Code): GENO DEF1 SLR
Name der Bank: Deutsche Skatbank